Nach dem Ende der Ampelkoalition wird nun voraussichtlich schon im ersten Quartal des nächsten Jahres ein neuer Bundestag gewählt. Die Wahl findet erstmals nach neuem Wahlrecht statt. Meine Sketchnote gibt einen Überblick über das Wahlsystem und berücksichtigt dabei sowohl die neuen Regelungen als auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2024.
Der Beitrag wurde am 9. November 2024 bearbeitet und neu veröffentlicht.
Demokratiebildung ist gerade wichtiger denn je. Ich stelle die Sketchnote deshalb zur kostenlosen Nutzung unter Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung. Mehr dazu am Ende des Beitrags.
1. Das neue Wahlrecht
Im März 2023 hat der Bundestag eine grundlegende Reform des Bundeswahlgesetzes beschlossen. Um die Größe des stetig wachsenden Parlaments zu begrenzen, wurde die Möglichkeit von Überhang- und Ausgleichsmandaten abgeschafft, die sog. Zweitstimmendeckung eingeführt und die Größe des Parlaments auf 630 Abgeordnete beschränkt. Auf den letzten Metern hatte man außerdem die Grundmandatsklausel gestrichen, was für einige Kritik sorgte.
Die Frage, ob das neue Wahlrecht verfassungskonform ist, beantwortete das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 30. Juli 2024 im Wesentlichen mit „Ja“. Die strenge Ausgestaltung der Fünf-Prozent-Klausel ohne Ausnahmeregelung sei allerdings verfassungswidrig. Bis zu einer Neuregelung soll deshalb die Grundmandatsklausel weiterhin gelten. Der Gesetzgeber kann die Ausgestaltung der Fünf-Prozent-Klausel künftig aber auch anders regeln.
2. Wahl des Deutschen Bundestages
Der Bundestag ist nicht nur das wichtigste Gesetzgebungsorgan Deutschlands, er entscheidet auch darüber, wer neue*r Bundeskanzler*in wird. Zudem hat seine Zusammensetzung Einfluss auf die politische Ausrichtung der künftigen Regierung. Gewählt wird er jeweils für vier Jahre. Die nächste Wahl sollte ursprünglich im Herbst 2025 stattfinden. Nach dem Ende der Ampel-Koalition Anfang November 2024 wird sie nun vorgezogen.
Wahlberechtigt sind alle Deutschen, die mindestens 18 Jahre alt sind. Jede wahlberechtigte Person hat bei der Bundestagswahl zwei Stimmen und sollte wissen, wie sich diese auf das Wahlergebnis auswirken. Deshalb habe ich genau das in meiner Sketchnote visualisiert.
a) Erststimme
Mit der Erststimme wählen Sie eine für den Bundestag kandidierende Person aus Ihrem Wahlkreis. (Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2024 klargestellt, dass die Kandidat*innen aus den Wahlkreisen nicht Delegierte des Wahlkreises sind, sondern Vertreter*innen des ganzen Volkes.) Bundesweit gibt es 299 Wahlkreise. In jedem dieser Wahlkreise treten mehrere Kandidat*innen zur Wahl an. Die meisten gehören einer Partei an. Gewinnen kann die Wahl jeweils nur eine der kandidierenden Personen, nämlich diejenige, der die meisten Wähler*innen des Wahlkreises ihre Stimme geben.
Bisher war den Kandidat*innen mit den meisten Stimmen in den Wahlkreisen jeweils ein Sitz im Bundestag sicher. Das ist künftig anders:
In den Bundestag einziehen können Direktkandidat*innen nur noch dann, wenn die Partei, der sie angehören, so viele Zweitstimmen erhalten hat, dass genügend Sitze für alle Wahlkreisgewinner*innen der Partei auf Landesebene zur Verfügung stehen (sog. Zweitstimmendeckung). Hat die Partei nicht genügend Zweitstimmen erhalten, werden die Wahlkreisgewinner*innen der Partei im jeweiligen Land in eine Rangfolge gebracht. Maßgeblich ist dabei ihr jeweils erzieltes Wahlergebnis im Wahlkreis. Anschließend werden die zur Verfügung stehenden Sitze an die Wahlkreissieger*innen entsprechend der Rangliste vergeben.
Nach wie vor können auch parteilose Kandidat*innen zur Wahl antreten. Für sie entfällt die Anforderung der Zweitstimmendeckung.
Wählen Sie eine Person, die keine Chance hat, die meisten Stimmen zu erhalten, hat Ihre Erststimme keine Auswirkung auf die Zusammensetzung des Bundestages. Gleiches kann künftig passieren, wenn Sie Ihre Stimme einer kandidierenden Person geben, deren Partei auf Bundesebene nicht genügend Zweitstimmen für alle Wahlkreisgewinner*innen erzielt.
Durch die Neuregelung ist nicht mehr zwangsläufig jeder Wahlkreis und damit jede Region Deutschlands im Bundestag vertreten. Allerdings wurde die Zahl der Abgeordneten extra von 598 auf 630 angehoben, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass möglichst viele Wahlkreisgewinner*innen einen Sitz im Bundestag erhalten.
b) Zweitstimme
Mit der Zweitstimme wählen Sie eine Partei, genauer: die Landesliste einer Partei. In dieser Liste hat die Partei festgelegt, welche Personen für sie in welcher Reihenfolge in den Bundestag einziehen sollen. Die Zweitstimme ist wesentlich wichtiger als die Erststimme, weil Sie mit ihr Einfluss auf das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag nehmen. Von diesem hängt nicht nur ab, welche Gesetzesvorhaben in den nächsten Jahren Erfolg haben werden, es entscheidet auch darüber, welche politische Ausrichtung die künftige Regierung haben und welche Person der Bundestag zum/zur Bundeskanzler*in wählen wird.
Künftig ist das Zweitstimmenergebnis außerdem dafür maßgeblich, ob alle Direktkandidat*innen der Parteien in den Bundestag einziehen können.
Wichtig zu wissen: Ihre Zweitstimme wirkt sich nur dann auf die Zusammensetzung des Bundestages aus, wenn die von Ihnen gewählte Partei bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen (Fünf-Prozent- oder Sperrklausel) oder drei Direktmandate erzielt. Nimmt die Partei diese Hürden nicht, läuft Ihre Stimme ins Leere.
Die Regelung mit den drei Direktmandaten (sog. Grundmandatsklausel) wurde im Zuge der Wahlrechtsreform zwar gestrichen, das Bundesverfassungsgericht hat diese Änderung jedoch für verfassungswidrig erklärt. Zugleich hat das Gericht klargestellt, dass die alte Klausel bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiterhin gelten soll.
c) Zusammensetzung des Bundestages
Steht fest, welche Parteien es in den Bundestag geschafft haben und wie viele Sitze ihnen jeweils zustehen, werden diese Sitze zunächst auf die Länder verteilt und dort mit den direkt gewählten maximal 299 Wahlkreiskandidat*innen unter Berücksichtigung der Zweitstimmendeckung besetzt. Die verbleibenden Sitze gehen an Kandidat*innen von den Landeslisten in der dort festgelegten Reihenfolge.
Durch den Wegfall der Überhang- und Ausgleichsmandate wird der Bundestag nicht nur mit 630 Abgeordneten erheblich kleiner als bisher (aktuell sind es 736), er wird sich aller Voraussicht nach auch deutlich anders zusammensetzen.
3. Sketchnote zum Wahlsystem
Die Sketchnote stellt die wichtigsten Aspekte des Wahlsystems als Strukturbild dar. Wiedergegeben wird der Rechtsstand nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2024.
4. Nutzung der Sketchnote und Download
Ich denke, dass man gerade gar nicht genug tun kann, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken und Menschen politisch zu bilden. Dazu gehört auch, verständliche, visuell aufbereitete Informationen zum Wahlsystem möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Ich habe mich deshalb entschieden, die Sketchnote zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung zu stellen.
Nachfolgend können Sie einen ZIP-Ordner herunterladen, der die Sketchnote in verschiedenen Größen und Formaten enthält. Enthalten ist das JPG, das Sie in diesem Beitrag sehen (nicht das Titelbild des Beitrags), sowie PDFs, die Ihnen ermöglichen, die Sketchnote in DIN A1, DIN A3 oder DIN A4 auszudrucken bzw. als Poster drucken zu lassen.
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Frühere Fassungen der Sketchnote und andere Werke, die Sie auf meiner Website finden, stehen nicht unter CC-Lizenz!
Danke, dass Sie mein Anliegen unterstützen und sich für die Demokratiebildung einsetzen!
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