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Rechtsvorschriften als Sketchnote: „Unfallflucht“, § 142 StGB

Der Beitrag wurde zuletzt im Januar 2021 bearbeitet.

Gesetze sind für Menschen gemacht, die sie beachten sollen. Gleichzeitig sind sie aber häufig so formuliert, dass ihre Adressaten weder Lust haben, sie zu lesen, noch ihren Inhalt verstehen, wenn sie sich denn die Mühe machen. Was also tun? Können Visualisierungen vielleicht helfen, den Zugang zum Gesetz zu erleichtern? Das versuche ich derzeit herauszufinden, indem ich Sketchnotes zu verschiedenen Rechtsvorschriften erstelle. Diesmal habe ich mir § 142 StGB vorgenommen, der das unerlaubte Entfernen vom Unfallort regelt.

Warum ausgerechnet Sketchnotes?

Rechtsvorschriften sind häufig nur dann zu verstehen, wenn man um ihre Struktur weiß bzw. um den Kontext, in den sie eingebunden sind. Sketchnotes können diese Strukturen sichtbar machen. Das haben sie mit juristischen Schaubildern gemeinsam. Darüber hinaus bieten sie als handgezeichnete und -geschriebene Notizen einen schönen Kontrast zur formalen und abstrakten Gesetzessprache. Sie bringen also optimale Voraussetzungen mit, um Menschen für das Recht zu interessieren und das Lesen des Gesetzestextes zu erleichtern.

Weitere Informationen zu Sketchnotes inklusive Linktipps finden Sie im Artikel Rechtsvorschriften als Sketchnote: Schuldnerverzug, § 286 BGB.

Von der Idee zur Sketchnote

§ 142 StGB ist ein gutes Beispiel für eine Norm, die aufgrund ihrer speziellen Systematik nur schwer zu verstehen ist. Zudem erschließt sich dem Leser ihre Bedeutung nur über den Schutzzweck: Warum genau soll man den Unfallort eigentlich nicht verlassen und auf wen soll man ggf. warten? Wer oder was soll hier geschützt werden? Diese beiden Punkte, nämlich Systematik und Schutzzweck, mussten also unbedingt hinein in die Sketchnote. Das war ein wichtiges Ergebnis der inhaltlichen Vorüberlegungen.

Die nächste Hürde bestand darin, die Vielzahl möglicher Fallkonstellationen auf eine in sich stimmige Geschichte zu reduzieren, die geeignet ist, den wesentlichen Inhalt der Vorschrift zu transportieren: Welche Unfallsituation eignet sich? Welche Personen sind erforderlich und was sollten die Personen im Bild tun? Um hier eine Entscheidung treffen zu können, musste ich mich intensiv mit § 142 StGB auseinandersetzen und ihn im Kern verstehen. Bei der Auffrischung des kaum noch vorhandenen Wissens aus Studienzeiten halfen mir Lehrbücher zum Strafrecht und die Recherche im Internet.

Anschließend dann die visuelle Umsetzung auf Papier, die einige Versuche brauchte, bis sämtliche Inhalte ihren Platz gefunden hatten und die Systematik gut zu erkennen war. Ich zeichne alles mit Bleistift vor (ein Glück, dass der Radiergummi erfunden wurde!) und ziehe die Linien anschließend mit einem schwarzen Fineliner nach. Auch das klappt nicht immer auf Anhieb … Die Schwarzweiß-Fassung der Sketchnote scanne ich dann hochaufgelöst ein und koloriere sie anschließend über ein Grafiktablett in Photoshop. Das ist sehr praktisch, weil man hier mit verschiedenen Ebenen arbeiten und mit Farben experimentieren kann, ohne bei Nichtgefallen nochmal ganz von vorn anfangen zu müssen. Mein Vorgehen habe ich im Beitrag So entstehen meine Sketchnotes zu rechtlichen Themen erklärt.

Nachtrag im Jan. 2021: Es hat etwas gedauert, aber inzwischen fertige ich meine Sketchnotes komplett digital an. Nach wie vor finde ich aber, dass das Zeichnen auf Papier auch ein Menge für sich hat.

Die Sketchnote zur Unfallflucht

Nun aber zum Ergebnis. Zunächst der Gesetzestext, den die Sketchnote visualisiert, anschließend dann die Sketchnote selbst.

§ 142 StGB  Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder

2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.


Nicola Pridik

Nicola Pridik
Ich bin Juristin und Inhaberin des Büros für klare Rechtskommunikation in Berlin. Mit meinen Dienstleistungen unterstütze ich Sie dabei, Rechtsinformationen verständlich und anschaulich für Ihre Zielgruppe(n) aufzubereiten. Dabei steht die Visualisierung von Recht im Mittelpunkt. kontakt@npridik.de


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