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Die neue Office-Farbpalette 2023 und Barrierefreiheit in PowerPoint

Seit einigen Wochen gibt es in PowerPoint ein neues Standarddesign. Neben einer neuen Designschrift (Aptos) enthält es auch eine neue Designfarbpalette. Die Farben sollen die Erstellung barrierefreier Folien erleichtern. Ob sie das auch tatsächlich tun, lesen Sie in diesem Beitrag.

Alte und neue Office-Farbpalette

Die Office-Farbpalette begegnet Ihnen in PowerPoint insbesondere dann, wenn Sie eine neue Präsentation auf Basis der Vorlage „Leere Präsentation“ erstellen. Da dies sehr viele Anwender*innen tun und die letzte Office-Farbpalette zehn Jahre lang den Standard vorgab, haben sich das Blau und Orange als typische PowerPoint-Farben in unsere Köpfe eingebrannt. Diese beiden Farben waren die Akzentfarben 1 und 2 der Palette:

Punkte mit den 6 Akzentfarben der aktuellen Office-Designfarbpalette: Blau, Orange, Hellgrau, Gelb, Hellblau, Hellgrün
Office-Designfarbpalette 2013-2023

Die Palette wurde nun durch die folgende Farbpalette ersetzt:

Punkte mit den sechs Akzentfarben der neuen Office-Designfarbpalette: Dunkelblau, Orange, Dunkelgrün, Hellblau, Violett, Hellgrün
Office-Designfarbpalette ab 2023

Sie sehen deshalb ab sofort in den Farbmenüs die folgenden Designfarben, wenn Sie die Vorlage „Leere Präsentation“ verwenden:

Screenshot der neuen Designfarbpalette in einem PowerPoint-Farbmenü

In älteren Kaufversionen des Programms bleibt es bei der alten Palette.

Office-Designfarben und Mindestkontrast

Blau und Orange sind als Akzentfarben 1 und 2 in der neuen Palette geblieben, sie sind aber, ebenso wie alle anderen Farben, dunkler als bisher. Für die Barrierefreiheit ist das insofern von Bedeutung, als nun alle sechs Akzentfarben mit weißer Schrift verwendet werden können, denn das Kontrastverhältnis beträgt immer mindestens 3:1.

Punkte mit den sechs Akzentfarben der neuen Office-Designfarbpalette, in denen jeweils mit weißer Schrift die Kontrastwerte stehen: Diese liegen beim Dunkelblau bei 8,1, beim dunklen Grün bei 7,8:1, beim hellen Grün bei 3,4:1, beim Violett bei 7,3:1 und beim beim hellen Blau und Orange bei 3,4:1.
Kontrastverhältnisse bei weißer Schrift

Wie sich aus der folgenden Tabelle ergibt, ist die Voraussetzung allerdings, dass der Text in der Präsentation mindestens 18 pt groß oder fett gesetzt (und mindestens 14 pt groß) ist:

SchriftgrößeSchriftstärkeAnforderungen an den Mindestkontrast
(Stufe AA)
Anforderungen an einen erhöhten Kontrast (Stufe AAA)
bis 17 ptnormal4,5:17:1
ab 18 ptnormal3:14,5:1
ab 14 ptfett3:14,5:1
Kontrastanforderungen der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die 18 pt werden bei einer Präsentation zwar in der Regel vorliegen, zu bedenken sind jedoch zwei Dinge:

  1. Bei einer Vor-Ort-Präsentation mit Beamer sind die Lichtverhältnisse im Raum häufig nicht optimal. Gleiches gilt für die Leistungsfähigkeit des Beamers. Es ist deshalb recht wahrscheinlich, dass der Kontrast im praktischen Einsatz geringer ist als der, den man bei der Folienerstellung gemessen hat.
  2. Wenn Präsentationsfolien in einem kleineren Format als Handout verteilt werden, ist die Anforderung an die Schriftgröße nicht mehr erfüllt.

Meine Empfehlung ist deshalb, bei Text auf Präsentationsfolien sicherheitshalber das Mindestkontrastverhältnis 4,5:1 als Maßstab zugrunde zu legen. Beim Orange, dem hellen Blau und dem hellen Grün müssen Sie dann auf schwarze Schrift ausweichen:

Die sechs Punkte mit den Farbwerten. Diesmal ist die Schrift in den genannten drei Punkten schwarz und es ergeben sich folgende Kontrastwerte: für das helle Grün 6,1:1, für das helle Blau 6,1:1 und für das Orange 6,2:1.
Empfehlung zur Schriftfarbe unter Berücksichtigung des Mindestkontrasts von 4,5:1

Das Problem bei der schwarzen Schrift ist, dass sich der gemessene Kontrast nicht unbedingt mit dem subjektiven Kontrastempfinden deckt. So finde ich persönlich die schwarze Schrift bei den drei Farben zu dunkel. Richtig glücklich bin ich mit den Farben deshalb nicht.

Für grafische Objekte ohne Text reicht laut WCAG das Kontrastverhältnis von 3:1 aus. Das bedeutet, dass Sie alle Farben der Office-Farbpalette für Formen, Linien und Pfeile verwenden können. Trotzdem ist es ratsam, den Punkt mit den Lichtverhältnissen im Veranstaltungsraum und der Leistungsfähigkeit des Beamers beim Orange, dem hellen Blau und dem hellen Grün im Hinterkopf zu behalten. Es ist deshalb eine gute Idee, beim Einsatz der drei Farben für Linien und Pfeile eine dunklere Schattierung der jeweiligen Farbe zu verwenden und Flächenformen im Zweifel mit einer dünnen Rahmenlinie zu versehen, die den Kontrast zum Hintergrund erhöht.

Office-Designfarben und Farbenfehlsichtigkeit

Positiv ist, dass die Farben für Menschen mit einer Farbenfehlsichtigkeit ausreichend unterscheidbar sind. Das ergibt ein Test der Farben im Barrierefreiheitstool von Adobe Color (Link öffnet Website Adobe Color):

Screenshot des Barrierefreiheits-Tools in Adobe Color, in dem die Prüfergebnisse für die neue Office-Farbpalette angezeigt werden. Markiert ist das Ergebnis: "Keine Konflikte gefunden. Farbfelder sind für Farbenblinde geeignet."

Barrierefreie Alternativen zur neuen Office-Farbpalette

Wenn Sie wegen der Kontraste oder aus sonstigen Gründen Probleme mit der neuen Farbpalette haben, können Sie Ihrer Datei über Ansicht > Folienmaster > Farben jederzeit eine andere Farbpalette zuweisen. Prüfen müssen Sie dann allerdings, wie es bei dieser um die Kontraste steht und ob die Farben für Farbenfehlsichtige ausreichend unterscheidbar sind. Für die Kontraste nutzen Sie am besten den Colour Contrast Analyzer. Was er kann wie er funktioniert, lesen Sie im Beitrag Farbkontraste in PowerPoint checken mit dem Colour Contrast Analyzer.

Alternativ haben Sie die Möglichkeit, sich eine individuelle Designfarbpalette erstellen zu lassen.

Wenn Sie eine Präsentationsvorlage in Auftrag geben, gehört die individuelle Designfarbpalette immer dazu. Dabei achte ich darauf, dass die Farben auch für Farbenfehlsichtige geeignet sind. Zudem erhalten Sie Empfehlungen zur Schriftfarbe in farbigen Flächenformen und Kopiervorlagen für Textfelder, Formen und Pfeile, die die Kontrastanforderungen der WCAG erfüllen.


Nicola Pridik

Nicola Pridik
Ich bin Juristin und Inhaberin des Büros für klare Rechtskommunikation in Berlin. Mit meinen Dienstleistungen unterstütze ich Sie dabei, Rechtsinformationen verständlich und anschaulich für Ihre Zielgruppe(n) aufzubereiten. Dabei steht die Visualisierung von Recht im Mittelpunkt. kontakt@npridik.de