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Sketchnote zur Bundestagswahl 2021

Am 26. September 2021 sind rund 60,4 Mio. Deutsche aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Dieser ist nicht nur das wichtigste Gesetzgebungsorgan Deutschlands, sondern entscheidet außerdem darüber, wer neue*r Bundeskanzler*in wird. Zudem hat seine Zusammensetzung Einfluss auf die politische Ausrichtung der künftigen Regierung. Jede wahlberechtigte Person hat zwei Stimmen und sollte wissen, wie sich diese auf das Wahlergebnis auswirken. Deshalb habe ich genau das mal in einer Sketchnote visualisiert. Der folgende Beitrag enthält neben der Sketchnote selbst ein paar erläuternde Worte zum Wahlsystem und zur Verteilung der Sitze im Bundestag.

Die Sketchnote ist unter der Creative-Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 lizenziert. Sie können sie also kostenfrei für Ihre nicht kommerzielle Informations- und Bildungsarbeit nutzen und in den sozialen Medien teilen. Bedingung ist lediglich, dass Sie die Zeichnung nicht verändern, mich als Urheberin angeben (©npridik.de) und auf diesen Blogbeitrag verlinken.

Sie haben 2 Stimmen

Mit der Erststimme wählen Sie eine Person, die Ihren Wahlkreis im Bundestag vertreten soll. Bundesweit gibt es 299 Wahlkreise. In jedem dieser Wahlkreise treten mehrere Kandidat*innen zur Wahl an. Gewinnen kann die Wahl jeweils nur eine der kandidierenden Personen, nämlich diejenige, die die meisten Erststimmen erhält. Ihr ist ein Sitz im Bundestag sicher, unabhängig davon, welcher Partei sie angehört und wie diese bei der Wahl abschneidet. Wählen Sie eine Person, die keine Chance hat, die meisten Stimmen zu erhalten, hat Ihre Erststimme keine Auswirkung auf die Zusammensetzung des Bundestages.

Dadurch, dass jeder Wahlkreis eine*n Vertreter*in in den Bundestag schickt, ist jede Region Deutschlands am Ende im Bundestag vertreten.

Nach einer Gesetzesänderung im Oktober 2020 wird die Zahl der Wahlkreise künftig von 299 auf 280 reduziert. Diese Änderung gilt allerdings erst ab dem 1. Januar 2024, hat also keine Auswirkungen auf die anstehende Wahl.

Mit der Zweitstimme wählen Sie eine Partei, genauer: die Landesliste einer Partei. In dieser Liste hat die Partei festgelegt, welche Personen für sie in welcher Reihenfolge in den Bundestag einziehen sollen. Die Zweitstimme ist wesentlich wichtiger als die Erststimme, weil Sie mit ihr Einfluss auf das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag nehmen. Von diesem hängt nicht nur ab, welche Gesetzesvorhaben in den nächsten Jahren Erfolg haben werden, es entscheidet auch darüber, welche politische Ausrichtung die künftige Regierung haben und welche Person der Bundestag zum/zur Bundeskanzler*in wählen wird.

Achtung: Ihre Zweitstimme wirkt sich nur dann auf die Zusammensetzung des Bundestages aus, wenn die von Ihnen gewählte Partei bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhält (Fünf-Prozent- oder Sperrklausel) oder in mindestens drei Wahlkreisen Direktmandate erzielt (Grundmandatsklausel). Nimmt die Partei beide Hürden nicht, läuft Ihre Stimme ins Leere.

Damit alle Bürger*innen herausfinden können, welche Partei ihren persönlichen politischen Vorstellungen am nächsten kommt, bietet die Bundeszentrale für politische Bildung auch in diesem Jahr einen Wahl-O-Mat an. Er wird drei bis vier Wochen vor der Wahl freigeschaltet.

Steht das Kräfteverhältnis der Parteien fest, ist also bekannt, wie viele Bundestagssitze den einzelnen Parteien nach dem Wahlergebnis zustehen, werden diese Sitze zunächst mit den direkt gewählten 299 Wahlkreiskandidat*innen besetzt. Die verbleibenden 299 Sitze gehen an Kandidat*innen von den Landeslisten. So weit die stark vereinfachte Fassung der Sitzverteilung im Bundestag, die Sie auch in der Sketchnote wiederfinden:

Sketchnote zur Bundestagswahl 2021; ausgehend von der Erst- und Zweitstimme wird gezeigt, wie das Wahlsystem funktioniert und wie sich die Stimmen auf die Zusammensetzung des Bundestages auswirken. Für die Erststimme gilt das Prinzip der Mehrheitswahl, für die Zweitstimme die Verhältniswahl.
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Tatsächlich ist die Sitzverteilung im Bundestag deutlich komplizierter. Das hat vier Gründe:

  1. Die Sitze müssen nicht nur auf die Parteien, sondern außerdem auf deren Landeslisten verteilt werden.
  2. Es kann sein, dass Parteien in einzelnen Ländern über die Erststimme mehr Mandate erzielen, als ihnen nach dem Ergebnis der Zweitstimmen zustehen. Da den direkt gewählten Wahlkreiskandidat*innen der Sitz im Bundestag stets sicher ist, entstehen sog. Überhangmandate.
  3. Seit der Wahlrechtsreform von 2013 muss das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag auch im Falle von Überhangmandaten genau so sein, wie es die Wähler*innen bundesweit mit ihrer Zweitstimme entschieden haben. Deshalb gibt es sog. Ausgleichsmandate.
  4. Um ein übermäßiges Anwachsen des Deutschen Bundestages durch Überhang- und Ausgleichsmandate zu verhindern (zuletzt umfasste er 709 statt 598 Sitze) wurden 2020 Gesetzesänderungen vorgenommen, die verhindern sollen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Bei der Wahl 2021 gelten vorerst allerdings nur kleinere Änderungen.

Wie funktioniert die Sitzverteilung im Bundestag?

1. Aufteilung der 598 Bundestagssitze auf die Länder

Zunächst wird ermittelt, wie viele der 598 Sitze den einzelnen Ländern zustehen. Diese Verteilung richtet sich allein nach der Bevölkerungszahl. Ausländische Staatsbürger*innen werden dabei nicht mitgezählt. Einem bevölkerungsreichen Land wie NRW stehen folglich deutlich mehr Sitze im Bundestag zu als dem dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern.

2. Berücksichtigung der Sperr- und Grundmandatsklausel

Nach der Wahl werden zunächst die Parteien aussortiert, die bundesweit (!) weder fünf Prozent der Zweitstimmen noch drei Direktmandate erzielt haben.

3. Ermittlung der Mindestgröße des Bundestages (mit Überhangmandaten)

Anschließend müssen die den Ländern zustehenden Bundestagssitze (oben 1.) auf die verbleibenden Parteien verteilt werden. Dies geschieht auf Grundlage der Zweitstimmen, die die Parteien in den einzelnen Ländern (!) erhalten haben. Besetzt werden die danach ermittelten Sitze der Parteien zunächst mit den gewählten Direktkandidat*innen, alle übrigen Sitze gehen an die Kandidat*innen auf der Landesliste der Partei in der dort festgelegten Reihenfolge. Hat eine Partei in einem Land mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze zustehen, entstehen Überhangmandate. Das bedeutet, dass sich die Mindestsitzzahl der Partei in dem betreffenden Land erhöht.

Neu ist bei der Wahl 2021, dass Wahlkreissitze teilweise länderübergreifend mit Landeslistensitzen verrechnet werden können.

Zählt man die Mindestsitzzahlen einer Partei in allen Ländern zusammen, steht fest, wie viele Sitze der Partei mindestens im Bundestag zustehen. Entsprechend verfährt man bei den anderen Parteien. Durch eventuelle Überhangmandate ist der Bundestag, der zunächst 598 Sitze umfasste, bis hierher also ggf. schon um einige Sitze gewachsen. Seine Endgröße hat er damit aber immer noch nicht erreicht.

4. Anpassung der Bundestagsgröße an das Zweitstimmenergebnis auf Bundesebene (Ausgleichsmandate)

Nun werden weitere Sitze ergänzt bis die Sitzverteilung auf die Parteien am Ende dem Zweitstimmenergebnis auf Bundesebene (!) entspricht. Da die zusätzlichen Sitze die Verzerrung des Zweitstimmenergebnisses durch die Überhangmandate ausgleichen, nennt man sie Ausgleichsmandate.

Neu ist bei der Wahl 2021, dass es für bis zu drei Überhangmandate keine Ausgleichsmandate gibt.

5. Verteilung der Ausgleichsmandate auf die Landeslisten

Bleibt die Frage, wie die Ausgleichsmandate der einzelnen Parteien auf die Länder zu verteilen sind, mit Kandidat*innen welcher Landeslisten sie also besetzt werden. Hierzu werden anhand der Zweitstimmen für die Partei in den einzelnen Ländern (!) Sitzzahlen für die jeweiligen Landeslisten ermittelt. Dabei ist die Bedingung einzuhalten, dass jede Landesliste mindestens so viele Sitze erhält, wie die Partei Wahlkreise gewonnen hat.

Weitere Informationen zur Bundestagswahl gibt es u. a. auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung. Diese hat zudem ein Informationsheft zur Bundestagswahl 2021 in Einfacher Sprache veröffentlicht (Stand: März 2021), das auf der verlinkten Seite als PDF-Download zur Verfügung steht. Offizielle Informationen des Bundeswahlleiters sind auf dessen Website zu finden.

Sketchnote nutzen

Sie sind herzlich eingeladen, die Sketchnote kostenfrei für Ihre nicht kommerzielle Informations- und Bildungsarbeit nutzen und in den sozialen Medien zu teilen. Bedingung ist lediglich, dass Sie die Zeichnung nicht verändern, mich als Urheberin angeben (©npridik.de) und auf diesen Blogbeitrag verlinken. Wenn Sie Druckdaten benötigen, schreiben Sie mir bitte eine E-Mail. Gleiches gilt, wenn Sie an einer kommerziellen Nutzung interessiert sind.


Nicola Pridik

Nicola Pridik
Ich bin Juristin und Inhaberin des Büros für klare Rechtskommunikation in Berlin. Mit meinen Dienstleistungen unterstütze ich Sie dabei, Rechtsinformationen verständlich und anschaulich für Ihre Zielgruppe(n) aufzubereiten. Dabei steht die Visualisierung von Recht im Mittelpunkt. kontakt@npridik.de


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