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Wie Anwälte in der Medienarbeit umdenken müssen

Foto: Sukiyaki – shutterstock.com

Anwälte arbeiten zu Recht nach bestimmten Grundsätzen: Sie formulieren präzise wie keine zweite Berufsgruppe, im Interesse ihrer Mandanten taktieren sie gern bis zum Äußersten und nehmen sich innerhalb der Fristen meist alle verfügbare Zeit. Prinzipien, die in Fleisch und Blut übergegangen sind. Im Austausch mit den Medien gelten jedoch andere Spielregeln. Wer hier als Anwalt erfolgreich sein will, muss folgende Punkte beachten.

Ein Gastbeitrag von Martin Wohlrabe

1. Schreiben Sie so oberflächlich wie möglich

Werfen Sie den Wunsch nach letzter sprachlicher Präzision über Bord. Natürlich nur in dem Maße, wie es für Sie als Anwalt noch vertretbar ist, aber dann eben auch soweit wie möglich. Sie werden erstaunt sein: All der sprachliche Ballast, von dem Sie sich verabschieden, lässt Ihre Texte viel leichter wirken. Und Sie tun nicht nur sich, sondern vor allem Lesern und Redaktion einen großen Gefallen. Knappe Sätze, wenig Substantive und kein Passiv – wenn Sie sich nur an diese drei Punkte halten, ist dies schon die halbe Miete. Die Folge: Ihre Leserzahlen werden steigen, Redaktionen dankbar mit Ihnen kooperieren und Sie selbst mit der Zeit ein geschätzter Rechtsexperte.

2. Harren Sie nie bis zum letzten Moment aus

Wir Juristen neigen dazu, das Zeitkontigent, das uns zur Verfügung steht, in vollem Umfang zu nutzen. Hier gilt ebenfalls: In der Medienarbeit ist dieser Grundsatz eine Todsünde. Was vor allem zählt, ist Schnelligkeit. Aber warum sich dieses Verhalten nicht selbst zum Vorteil machen? Wenn andere sich mehr Zeit nehmen, seien Sie einfach schneller. Redaktionen schätzen es, wenn sie nicht nur zuverlässig, sondern vor allem zügig an Informationen kommen. Noch besser ist es, wenn Sie dazu noch flexibler sind als andere und Ihr Thema auch aus der Sicht des Redakteurs betrachten können. Für viele Anwaltskollegen wird dies eine Umstellung sein, aber definitiv eine, die sich lohnt.

3. Arbeiten Sie stets mit offenem Visier

Gestehen Sie auch einmal Schwächen ein. Ungewöhnlich als Anwalt, aber eine lohnende Taktik. Denn was in der juristischen Auseinandersetzung meist undenkbar ist, kann im Zusammenspiel mit der Presse von großem Vorteil sein. Keine Sorge: Journalisten erwarten keine eierlegenden Wollmilchsäue. Besser klar durchblicken lassen, wo die eigene Kompetenz-Grenze verläuft, als sich zu Aussagen hinreißen lassen, von denen Sie nicht überzeugt sind. Denn damit wäre am Ende keinem geholfen: Weder Ihnen (selbstverständlich) noch dem Redakteur, der Gefahr läuft Fehlinformationen zu verbreiten und sich so einen Rüffel seiner Redaktionsleitung einzufangen. Beim nächsten Text denkt er dann bestimmt nicht mehr an Sie. Besser: Vorher Gedanken machen, welche Fragen lauern könnten, bei denen man nicht der ideale Antwortgeber ist. Hier nehmen Sie sich dann einen zweiten Experten mit an Bord. Und wenn dieser fair ist, spielt er Ihnen beim nächsten Mal den Ball zurück. So wird aus Ihrer Schwäche eine Win-Win-Situation.


Martin Wohlrabe

Über den Autor
RA Martin Wohlrabe ist Geschäftsführer von CONSILIUM Rechtskommunikation. Die Gesellschaft berät bei allen kommunikativen Herausforderungen im juristischen Umfeld. Wohlrabe arbeitete zuvor viele Jahre als Journalist, u. a. für SPIEGEL Online und die BILD-Zeitung, sowie als Referent von Wolfgang Schäuble im Bundestag. Er ist Mitglied in der AG „Kanzleimanagement“ des Anwaltvereins.