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Rechtsvorschriften als Sketchnote: Schuldnerverzug, § 286 BGB

Einzelne Paragrafen visualisieren – geht das überhaupt? Und dann noch mit der Hand und nicht am Computer? Das wollte ich wissen und habe mir als Testkandidaten mal den § 286 BGB vorgeknöpft, in dem bekanntlich der Schuldnerverzug geregelt ist. Nah am Wortlaut und Aufbau der Vorschrift wollte ich bleiben, zugleich aber auch Strukturen sichtbar machen und Ungeschriebenes berücksichtigen, das für die Prüfung des Verzugs von Bedeutung ist. Das Ergebnis möchte ich Ihnen in diesem Beitrag vorstellen. Es ist zugleich ein Anwendungsbeispiel für ein paar Bildvokabeln, denen ich mich in den vergangenen Monaten in meinem Blog gewidmet habe.

Was sind Sketchnotes?

„Sketchnotes sind visuelle Notizen, die aus einer Mischung aus Handschrift, Zeichnungen, handgezeichneter Typografie, Formen und grafischen Elementen wie Pfeilen, Kästen und Linien bestehen.“

(Mike Rohde)

Ursprünglich ging es nur darum, die üblichen Mitschriften von Vorträgen und Besprechungen durch visuelle Aufzeichnungen (die durchaus auch einigen Text enthalten können) zu ersetzen, um die eigene Konzentration zu fördern, nur Wesentliches zu notieren und für sich selbst eine Gedächtnisstütze zu schaffen. Tatsächlich ist der Anwendungsbereich von Sketchnotes aber sehr viel größer, denn sie helfen auch in allen möglichen anderen Situationen dabei, Informationen zu verarbeiten und weiterzugeben, Ideen zu entwickeln und Gedanken zu sortieren. Zu tun hat das damit, dass die Kombination von Sprache und Bildern beide Gehirnhälften anspricht und zudem Verstand und Hand zur Zusammenarbeit aufgefordert sind.

Warum juristische Sketchnotes?

Für das Recht sind Sketchnotes vor allem deshalb wertvoll, weil sie komplexe Inhalte auf Wesentliches reduzieren, Strukturen sichtbar machen und Abstraktes veranschaulichen können. Ebenso wie juristische Schaubilder bringen sie also wichtige Voraussetzungen mit, um zum Verständnis von Recht beizutragen.

Bei der Visualisierung einzelner Gesetzesparagrafen musste ich vor allem an Jurastudierende in der Examensvorbereitung denken, die gegen das ständige Vergessen ankämpfen und in den Prüfungen allein auf das Gesetz zurückgreifen können. Für sie könnte es sehr effektiv sein, sich einzelne Vorschriften mit Sketchnotes zu erarbeiten. Ja, ich meine tatsächlich erarbeiten, denn es geht nicht um zeichnerische Perfektion und das Malen bunter Bilder, sondern um das Verstehen von Inhalten und Strukturen. Das kostet unter Umständen viel Zeit, dafür ist die inhaltliche Auseinandersetzung aber auch sehr intensiv. Doch nicht nur das. Ein besonderer Ansporn kann für den einen oder anderen außerdem sein, dass das Ergebnis der Auseinandersetzung am Ende sichtbar ist und die Möglichkeit bietet, in seiner Einfachheit zu einem kleinen „Kunstwerk“ optimiert zu werden, das sich auch andere gerne anschauen.

Schuldnerverzug als Sketchnote

Im Folgenden nun zuerst der Gesetzestext und dann die Sketchnote zum Schuldnerverzug. Wichtig: Die Sketchnote soll weder den Gesetzestext ersetzen noch den Schuldnerverzug umfassend darstellen. Sie soll vielmehr helfen, einen Zugang zum Gesetz zu finden, es zu lesen und die Inhalte im Rahmen der Prüfungsvorbereitung zu wiederholen.

§ 286 BGB Verzug des Schuldners

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,

1. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,

2. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,

3. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
 
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.


Nicola Pridik

Nicola Pridik
Ich bin Juristin und Inhaberin des Büros für klare Rechtskommunikation in Berlin. Mit meinen Dienstleistungen unterstütze ich Sie dabei, Rechtsinformationen verständlich und anschaulich für Ihre Zielgruppe(n) aufzubereiten. Dabei steht die Visualisierung von Recht im Mittelpunkt. kontakt@npridik.de


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